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Ghosting

Ghosting ist scheiße. Immer.

Es ist scheiße, wenn man sich noch nicht allzu gut kennt, aber eine Unterhaltung führt, die gut gelaufen zu sein scheint, und dann kommt plötzlich nichts mehr.

Es ist besonders scheiße, wenn man schon vieles miteinander geteilt hat, sich nah ist. War. Und dann plötzlich einfach nichts mehr kommt, und man gar nicht genau weiß, woran es liegt.
Manchmal kann man sich ein paar Dinge denken, die vielleicht dazu geführt haben. Manchmal nicht einmal das. So oder so, es ist ein beschissenes Gefühl.

Nicht zu wissen, woran man ist. Was nun ist. Ob das dauerhaft ist, oder nur für jetzt. Warum. Was der Auslöser war.
Hat man etwas falsch gemacht? Hat es überhaupt mit einem selbst zu tun?

Was für mich das schlimmste daran ist, ist vor allem, dass ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll. Und dass ich hinterfrage, ob all das, was ich gesehen habe, geglaubt habe, was geteilt wurde, doch gar nicht so gewesen ist, oder nicht so wertvoll, wie es für mich wirkte.
Und selbst, wenn mir mein Kopf, rein rational, sagt, dass das alles nicht weg ist, oder plötzlich wertlos; wenn ich mir all die Situationen vor Augen führe, die mir eindeutig zeigen, dass ich mich nicht vertan habe, hilft das nicht mit dem Gefühl, dass es alles nicht so gewesen sein kann. Es hilft nicht gegen den Zweifel, der an mir nagt, weil ich jetzt nicht wertvoll genug bin, um zumindest ein Statement zu bekommen. Kein einziger Satz, der mir sagt, woran ich bin - und wenn es nur ist "Ich will keinen Kontakt mehr".

Mir ist bewusst, dass das nicht so einfach ist.
Gerade, wenn man sich gar nicht darüber klar ist, was man eigentlich will. Und das auszudrücken dann manchmal unmöglich wirkt. Mir ist klar, dass es schwer ist. Gerade, wenn man selbst nicht weiß, was gerade eigentlich ist. Und mir ist auch bewusst, dass es ein hohes Maß an vulnerability bedeutet, auszudrücken, dass man es gerade nicht weiß und das gerade alles nicht kann. Oder will.
Ich akzeptiere das.
Aber das ändert nichts daran, dass man seinem Gegenüber damit vermittelt, es nicht wert zu sein, zu wissen, woran er ist. Dass er nicht ausreichend nah und wichtig ist, zumindest die Tatsache zu kommunizieren, dass man keine Kommunikation mehr wünscht. Und ich rede hier noch nicht mal von Gründen, sondern einfach nur einem "Ich kann/will nicht mit dir sprechen.", mit einer Prognose über die Dauer - erstmal, grundsätzlich, vorübergehend. Das muss ja nicht einmal spezifisch sein.

Aber Nachrichten zu schicken, und zu sehen, dass der andere sie gelesen hat. Tage keine Antwort zu bekommen. Nochmal nachzufragen. Wieder Tage keine Antwort zu bekommen. Und sich dann selbst zusammenreimen zu müssen, dass jeglicher Kontakt offenbar gerade unerwünscht ist, ist ziemlich scheiße. Zum einen, weil man zunächst gar nicht sicher sein kann, dass dem so ist, und man das in den meisten Fällen wohl auch nicht vermutet, wenn aus dem Nichts dann nichts mehr kommt. Entsprechend ist es gar nicht möglich, da angemessen zu reagieren. Gestern war noch alles in Ordnung, warum soll ich davon ausgehen, dass du heute nicht mehr mit mir reden willst, nur weil du nicht gleich antwortest? Vielleicht hast du es übersehen, oder hattest keine Zeit, hast es jetzt vergessen, zu viel anderes, was auch immer.

Es dauert, bis man versteht, dass da nichts mehr kommen wird. Je nach Kontext und Mensch, Verbindung und Art und Häufigkeit der üblichen Kommunikation sehr lange. Dann kommen Zweifel, dann kommt Schmerz. Dann erklärt man sich, dass das sicher nicht so ist, weil der andere das ja gesagt hätte. Hätte sagen können. Dann werden die Zweifel größer. Dann fragt man vielleicht nochmal nach, aber am Ende weiß man nie genau, ob das nun wirklich so ist. Und da bleibt immer dieses bisschen.. Hoffnung?, dass es doch anders ist. Weil man sich das selbst zusammen reimen muss, und man ist realistisch genug, um das zu sehen, und das so hinzunehmen, weil keine Reaktion am Ende eben auch eine ist. Und man distanziert sich selbst davon, und geht seiner Wege, aber der Schmerz.. der bleibt erstmal.
Weil der Zweifel an dem bleibt, was geteilt wurde und dem Wert davon, selbst wenn man weiß, dass das dadurch nicht weniger wird. Weil der Zweifel daran bleibt, ob man das richtig eingeschätzt hat - davor und jetzt. Weil halt einfach keine wirkliche Klarheit herrscht, sondern nur Indizien und die daraus resultierende Schlussfolgerung vorhanden sind. Sie ist sehr wahrscheinlich wahr, aber.. ganz sicher kann man sich eben nie sein.
Vor allem: War es das dann jetzt komplett? Ist es nur vorübergehend, weil gerade alles ein bisschen zu viel ist? Kann/soll/darf/muss ich jetzt komplett abschließen und trauern und das hinter mir lassen, oder stehst du vielleicht nächste Woche vor der Tür, wörtlich oder sprichwörtlich, und es ist wieder okay?
Wenn man so viel geteilt hat, ab wann geht man dann davon aus, dass das dauerhaft ist und nicht nur jetzt? Wie lange kann so ein jetzt sein?

Ist es wirklich so schwer zu sagen "Ich kann/will dich (gerade) nicht in meinem Leben haben.", selbst wenn dazu kommt "Ich weiß nicht, wie lange, oder ob sich das nochmal ändern wird."? Das hilft dem anderen nämlich ungemein. Das würde mir ungemein helfen. Weil ich dann wenigstens wüsste, mit Sicherheit, woran ich bin.

Aber offenbar ist es das. Es tut mir unheimlich leid.

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