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Vertrauen


Vertrauen ist eine Entscheidung.
Ob ich jemandem vertraue ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens.
Menschen können solchen Menschen vertrauen, die jenes Vertrauen nicht verdient haben, rein rational betrachtet, und vertrauen oft genug nicht, obwohl der Mensch nichts falsches getan hat.

Natürlich beeinflusst das Verhalten meines Gegenübers meinen Willen, ihm zu vertrauen. Aber eben auch meine Erfahrungen, meine Risikobereitschaft. Wie sicher ich mich bei und mit einem Menschen fühle. Aber am Ende bleibt es eine Entscheidung - und zwar eine, die ich mir bewusst machen und entsprechend beeinflussen kann. Es gehört für mich zu Selbstverantwortung, sich dessen bewusst zu sein und entsprechend zu handhaben. Dazu gehört dann eben auch, die Verantwortung für mangelndes Vertrauen nicht einfach auf mein Gegenüber zu schieben, sondern meinen eigenen Anteil anzuerkennen.
Effektiv läuft es darauf hinaus, dass ich selbst entscheide, wem ich vertrauen will und wie weit. Natürlich kann mein Gegenüber es mir leichter oder schwerer machen, ihm zu vertrauen, aber es ist immer noch meine Entscheidung. Und wenn ich jemandem nicht vertrauen will, ihn also nicht als vertrauenswürdig empfinde, warum würde ich ihn dann in mein Leben lassen, geschweige denn wirklich nah? Unabhängig davon, ob es berechtigt ist oder nicht - wenn ich nicht vertraue, dann weil ich es nicht will. Und dann funktioniert das mit der Nähe auch nicht.

Vertrauen ist ungemein wertvoll. Es ist fragil und zugleich unendlich stark.
Meiner Erfahrung nach setzt es eine gewisse Sicherheit voraus - nicht nur die Sicherheit, die ich mit und bei einem Menschen empfinde, sondern vor allem auch Sicherheit in mir selbst. Selbstvertrauen. Wenn ich mir selbst nicht vertraue, wie kann ich dann meinem Urteil darüber vertrauen, ob jemand vertrauenswürdig ist oder nicht? 
Meine Erfahrung ist: gar nicht. Ich habe mir das immer hart erarbeiten müssen, krampfhaft daran festhalten, weil es sonst durch meine Finger gerieselt ist und verloren war. Das hat sich geändert, als ich gelernt habe, mir selbst zu vertrauen - nachdem ich verstanden habe, auf welche Dinge ich achten muss, damit es mir wirklich gut geht und mir selbst bewiesen habe, dass ich dafür sorge, dass es auch so ist und bleibt.
Heute bin ich manchmal überrascht, wie leicht ich vertraue. Es ist immer noch schwierig für mich, aber kein Kampf mehr. Immer wieder passiert es einfach, und dieses Gefühl von Vertrauen ist überwältigend. Es kreiert keine Sicherheit, weil es ja immer noch auf meinen Entscheidungen und Kriterien beruht, aber es zeigt mir, dass ich mich mit Menschen sicher fühlen kann. Soweit das eben geht.

Und das ist auch für meinen kink wichtig.
Ich kann kink bis zu einem gewissen Grad auch leben, ohne dem Menschen zu vertrauen. Jedenfalls, ohne ihm über ein gewisses Maß hinaus zu vertrauen. Aber dann ist es recht sacht, ich kann mich nie ganz fallen lassen, ein Teil meines Kopfes ist immer rational bei der Sache, beschäftigt sich mit Fluchtwegen, Sicherheitsdingen und Hilfsmaßnahmen. Unaufhörlich, und recht bewusst. Das kann Spaß machen, aber es erfüllt mich nicht. Weil ein sehr großer Teil meines Bewusstseins mit anderen Dingen beschäftigt ist, und ich mich nicht einfach auf die Situation einlassen kann. Es bleibt oberflächlich.
Für kink ist Vertrauen für mich unerlässlich, damit es wirklich bereichernd ist. Ich muss mich fallen lassen können, um wirklich aufzugehen - egal, in welcher Rolle. Ich muss glauben können, dass es so sicher ist, wie nur möglich, um einfach sein zu können.
Umso dankbarer bin ich, wenn ich das mit jemandem teilen kann - gerade, weil ich weiß, wie schwer es für mich war (und irgendwie auch immer noch ist), an diesen Punkt zu kommen.

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