Direkt zum Hauptbereich

Eifersucht

Eifersucht ist ein schwieriges Thema. Oft verpönt, nicht gewollt und als minderwertig abgestempelt in polyamoren Kreisen und gleichzeitig in monoamoren Kreisen als Zeichen von Liebe gesehen - solange es nicht zu viel wird oder so.

Ich empfinde beide Standpunkte als absolute Scheiße.
Eifersucht zeugt nicht von Liebe, sondern in der Regeln von anderen Dingen. Das bedeutet aber eben auch, dass es eben nichts grundsätzlich schlimmes ist, eifersüchtig zu sein.
Am Ende sehe ich Eifersucht wie andere "negative" Gefühle auch: es ist ein Warnhinweis, dass irgendetwas nicht stimmt und genauerer Betrachtung bedarf. Und dann kommt es nicht darauf an, ob man es hat oder nicht, sondern wie man damit umgeht.
Eifersucht ist erstmal nichts schlechtes, sondern, wie gesagt, in der Regel ein Warnhinweis. Mögliche Gründe für Eifersucht gibt es haufenweise.
Zum einen ist da Unsicherheit. In der Beziehung, mit sich selbst, was auch immer. Unsicherheit führt einfach leicht dazu, dass man eifersüchtig wird, weil daraus schnell Angst resultiert - nicht gut genug zu sein, nicht wertvoll zu sein, dass die Beziehung nicht stabil ist oder sich der andere nicht ausreichend wohl darin fühlt. Damit sind wir auch quasi schon am nächsten Punkt, nämlich Angst. Sehr häufig ist das ganz einfach Verlustangst - das muss nicht mal Verlust der Beziehung sein, es kann auch einfach um den Status gehen (gerade bei der Öffnung von mono zu poly fast unvermeidbar), oder um Kleinigkeiten, die für einen selbst Exklusivität bedeuten. Beides sind Dinge, die in der Regel aus einem selbst heraus kommen und nichts oder nur bedingt mit äußeren Gegebenheiten zu tun haben. Natürlich wird es getriggert durch etwas im Außen, aber es ist dennoch erstmal etwas internes, das auch nur intern gelöst werden kann. Durch Vertrauen, Selbstsicherheit, dem Bewusstsein über den eigenen Wert, Zeit und vielleicht Zuspruch. Hier kann der Partner maximal helfen, das Problem aber nicht lösen.
Es kann aber auch sein, dass es wirklich externe Gründe gibt und irgendwas in der Beziehung nicht passt. Das kommt manchmal vor. Dann sind bestimmte Bedürfnisse nicht erfüllt, oder man fühlt sich nicht nah, nicht (ausreichend) geschätzt. Eifersucht kann darauf hinweisen, dass etwas fehlt oder nicht stimmt. Das hat dann aber wenig mit anderen Menschen zu tun und liegt in der eigenen Beziehung - es wird nur deutlich(er) durch den möglichen Vergleich mit anderen, oder einfach durch die Tatsache, dass da noch andere Menschen sind. Wenn das der Fall ist, ist es notwendig, erstmal herauszufinden, wo das eigentliche Problem liegt, und dann darüber zu sprechen und zu schauen, ob man gemeinsam Lösungen finden kann. Manchmal wird dabei eine Inkompatibilität aufgedeckt, und dann sollte man sich das auch eingestehen. Manchmal braucht es eine Weile, bis man etwas gefunden hat, womit sich alle wohl fühlen.

Grundsätzlich gilt es immer, zunächst einmal rauszufinden, was eigentlich der Auslöser für die Eifersucht ist und welches Problem ihr zu Grunde liegt. Ich mache das, indem ich mich immer wieder frage "Warum?".
Als hypothetisches Beispiel: Ich bin eifersüchtig auf Ente. - Warum? - Weil Ente heute mit Wombat im Kino ist. - Warum? ... und so weiter.
Für mich funktioniert das so sehr gut, weil ich so langsam zu der eigentlichen Wurzel vorstoßen kann und dabei relativ viel über mich und meine Trigger lerne, was dazu führt, dass ich oft nebenbei rausfinde, was ich tun kann, um das zu ändern. Bzw. eben auch sehr gut sehen kann, ob es aus mir selbst kommt, oder ob mir in meiner Beziehung etwas fehlt bzw. ich das Gefühl habe, dass da was nicht passt. Ich kann also während dem Versuch, herauszufinden, was eigentlich das Problem ist, auch schon analysieren, was da eigentlich gerade passiert und bilde damit die Grundlage für ein Gespräch über dieses Thema.
Denn sinnvollerweise ist das dann der nächste Schritt. Darüber zu sprechen. Selbst, wenn es "nur" einen selbst betrifft, ist es gut, wenn der Partner das weiß und ein bisschen helfen kann. Und wenn es nur ist, indem er gut zuredet und/oder kuschelt. Wichtig ist, die Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen und einfach nur zu erklären, wo man gerade ist und was man sich wünscht. Dann kann man sehen, wie weit das funktioniert oder nicht.

Meine Erfahrung zeigt, dass es in den allermeisten Fällen nicht sinnvoll ist, den Trigger zu entfernen. Bedeutet, auch wenn es sich einfach und gut anhört, in den meisten Fällen ist es keine gute Idee, mit dem aufzuhören, was die Eifersucht hervorgebracht hat. Das hat zwei relativ einfache Gründe: wenn der Trigger weg ist, wird es sehr leicht, sich einfach nicht weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Das menschliche Hirn schiebt Dinge, die nicht akut sind und weh tun, gern weg, um sich nicht damit befassen zu müssen, und wenn nun der Trigger weg ist, gibt es keinen Grund mehr, das anzugehen. Manchmal klappt das, häufig aber nicht, selbst wenn man sehr versessen darauf ist, es dennoch zu tun. Die andere Sache ist, dass der eine Trigger jetzt vielleicht weg ist, aber das Problem noch da, weswegen es einfach neue Trigger geben wird. Und es wird nicht einfacher, wenn man das weiter vor sich her schiebt, eher im Gegenteil.
Um Eifersucht und die damit verbundenen Schmerzen wirklich loszuwerden hilft einfach nur, das eigentliche Problem anzugehen und aufzulösen. Den Trigger zu entfernen hilft genau dabei eben einfach gar nicht.

Am Ende ist Eifersucht erstmal nur ein Warnzeichen, das zu personal growth führen kann und dazu beitragen kann, besser passende Beziehungen zu führen. Die Frage ist eben immer, wie man damit umgeht.

Kommentare