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Solo Poly

Ich habe vor einiger Zeit für mich beschlossen oder besser: realisiert, dass der Begriff „solo poly“ durchaus auf mich zutrifft. Nicht, weil ich quasi Single bleiben will. Aber weil vieles, was sonst noch darunter fällt, durchaus auf mich zutrifft.

Autonomie und Freiheit. Ich will mein Leben und meine Verbindungen nicht danach ausrichten, dass es schon andere Menschen in meinem Leben gibt. Ich will meine eigenen Entscheidungen treffen und für mich bleiben, aber dennoch Nähe und commitments haben. Aber ich will selbst entscheiden, was und wie das geht, und mich nicht nach anderen ausrichten. Das bedeutet für mich eben auch, keine super intertwined Verbindungen mehr eingehen zu wollen – ich will keine Finanzen teilen, nicht abhängig sein, keine Kinder oder eine Bezugsperson für Kinder sein, keinen größeren gemeinsamen Besitz. Ich will mich in meiner Lebensplanung auf Menschen beziehen, aber mich nicht nach ihnen ausrichten. Ich will selbst entscheiden, wie viel Zeit ich mit wem verbringe und wann das passt – in Absprache mit der Person natürlich.

Alleine Wohnen. Ich bin vor anderthalb Jahren das erste Mal in eine eigene Wohnung gezogen. Anfangs habe ich nicht geglaubt, dass ich das schaffen würde und hab dann auch viel Zeit anderweitig / wo anders verbracht. Aber mittlerweile habe ich in dieses Alleine Wohnen gefunden, und ich genieße es ungemein. Ich will meine eigene Küche, mein eigenes Bad und vor allem eben auch mein eigenes Zimmer. Und allein entscheiden, was ich wann mache, wie sauber es ist, wofür ich wann Zeit habe. Wissen, dass der Dreck, der da ist, von mir ist – oder einem Menschen, den ich kurzzeitig zu Besuch hatte. Ich will sicher gehen, dass die Dinge da sind, wo ich sie gelassen habe, und meine eigene Ordnung haben, die niemand durcheinander bringt. Ich hätte vorher nie gedacht, dass ich da so empfindlich bin, aber nachdem ich nun allein wohne und nicht mehr automatisch Kompromisse eingehen muss.. gods, ist das ein Luxus, den ich einfach nicht mehr vermissen will.

Erwartungen und commitment. Grundsätzlich ist alles, was ich geben will, meine Entscheidung. Und ich will, dass das auch so bleibt. Ich komme mit Erwartungen, die an mich gerichtet werden, nicht klar. Wie schon früher erwähnt, empfinde ich Erwartungen als schwierig und negativ, und tendiere dazu, mich diesen einfach zu entziehen. Oder auch: mich zu verweigern. Ich will eine Wahl haben, eine ehrliche und echte Wahl, und ich will, dass meine Entscheidungen angenommen und akzeptiert werden, auch wenn sie vielleicht nicht dem entsprechen, was mein Gegenüber gern hätte. Nur, weil ich eine Verbindung oder gar Beziehung eingehe, bedeutet das nicht, dass ich damit auch gleich tausend anderen Dingen zustimme. Commitment ist das, was ich zu geben bereit bin, das, was ich freiwillig gebe, und nicht das, wovon jemand anderes meint, dass es dazu gehört. Zu commitments gehört consent, und das scheint bei Erwartungen manchmal irgendwie vergessen zu werden. Aber ich bin und bleibe meine eigene Person, und dazu gehört eben auch, dass mir keine commitments übergestülpt werden können, und dass ich mich auch nicht dahin nötigen lasse. Beziehung bedeutet für mich vermutlich nicht das, was es für mein Gegenüber bedeutet, und in meinen Augen ist alles Aushandlungssache. Ich gehe also nur commitments ein, die ich eingehen will, und nicht solche, die von mir erwartet werden.

Kein Paar. Ich mag nicht als Teil eines Paares gesehen werden, sondern als Individuum. In manchen Kontexten mag das mehr oder weniger okay sein. Aber so grundsätzlich bin ich mein eigener Mensch, mit eigener agency, und nicht nur eine Hälfte von etwas Ganzem – oder gar mehreren Ganzen. Das gilt auch in beide Richtungen – ich will auch keinen Partner haben, der sich nach mir ausrichtet oder Teil von mir werden will. Autonome Menschen sind sexy.
Gesellschaftliche Blicke auf mich und meine Menschen mögen variieren, aber es ist wichtig, dass mir nahe Menschen das differenzieren können.

Keine Ehe. Well, fuck. Der Kelch ist schon einmal an mir vorbeigegangen, und das eher sehr knapp. Und das war das beste, was mir passieren konnte. Ich will nicht heiraten und kann mir nicht vorstellen, dass sich das irgendwann mal ändern wird.

Verantwortung. Ich trage Verantwortung für mich. Und auch nur für mich. Ich mag im Rahmen von commitments zeitweise oder auch längerfristig (Teil-)Verantwortung für jemand anderen übernehmen, aber auch das ist frei gewählt und änderbar. Die Verantwortung für mich allein trage ich selbst, manchmal vielleicht mit Hilfe - aber dass ich sie selbst trage, ist unveränderbar. Solange ich dazu in der Lage bin, trage ich die Verantwortung für mich und mein Leben allein - und wenn mir jemand dabei helfen darf, dann ist das etwas, das ich verteile, erlaube und zurückziehen kann, wie ich es für richtig halte.

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