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Zeitmanagement

Ich wurde vor kurzem gefragt, wie ich entscheide, mit wem ich wie viel Zeit verbringen möchte. Und wie ich das allgemein handhabe mit der Terminplanung.

Und wie entscheide ich nun, mit wem ich wann wie viel Zeit verbringen möchte?
Die erste, einfachste Antwort ist tatsächlich irgendwie.. Bauchgefühl. Ich verbringe Zeit mit den Menschen, mit denen ich gerade Zeit verbringen möchte.
Ganz so einfach ist es aber nicht. Hinein spielen noch sehr viele andere Komponenten.
Zum einen ist da, wie sehr ich einen Menschen gerne sehen möchte, also die Lust darauf. Ich denke, das ist relativ einfach und weit verbreitet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand gerne Zeit mit einem Menschen verbringt, auf den er (gerade) keine Lust hat.
Möglichkeiten sind unheimlich wichtig. Aus unterschiedlichsten Gründen gibt es nicht immer die Möglichkeit, Zeit mit jemandem zu verbringen. Das kann Entfernung sein, oder nicht zusammen passende Zeitpläne/Tagesabläufe.
Für mich ist außerdem Zeit ein sehr großer Faktor, in mehreren Hinsichten. Wie voll ist meine Woche schon? Wie viel Zeit habe ich für mich und ist das genug? Eng damit verknüpft sind allgemein  Ressourcen: Wie viel Energie habe ich gerade? Wie gut geht es mir? Wie nah stehe ich dem Menschen? Wie entspannt kann ich mit ihm sein? Entsprechend auch, wie anstrengend es ist, Zeit mit diesem Menschen zu verbringen, wie viel Aufwand es für mich macht, ihn zu treffen, bzw. dort hinzukommen.
Enorm wichtig ist auch, ob da Erwartungen dran hängen. Zum einen, ob Erwartungen an mich gestellt werden, wie diese Zeit gefüllt wird, wie lang es mindestens sein muss, wie aufmerksam ich bin, wie die Stimmung ist. Zum anderen, ob von mir erwartet wird, ein gewisses Maß an Zeit mit diesem Menschen zu verbringen, ob da Ansprüche mit drin hängen, entsprechend also meine Autonomie und Selbstbestimmung eingeschränkt wird oder werden soll. Wie schon früher erwähnt, führen (wahrgenommene) Erwartungen bei mir eher dazu, dass ich mich zurückziehe bzw. sogar dagegen auflehne und genau das nicht tue. Es kommt definitiv zu Distanz und ich verliere jegliches Bedürfnis, dem Menschen nahe zu sein. Es führt dazu, dass ich mich unwohl und gedrängt fühle, was Selbstschutz triggert und mich dazu bringt, mich zurückzuziehen. Meistens sehr weit, und oft unbewusst.
Und schließlich spielt auch noch ein Wertschätzung mit hinein. Obwohl das sehr stark schon mit in dem sehr schwammigen und vagen Begriff der Lust einfließt, ist es auch an sich wichtig. Ich verbringe keine Zeit mit Menschen, von denen ich das Gefühl habe, sie wollen das eigentlich nicht, von denen ich mich nicht (ausreichend) geschätzt fühle.

Das ist meine Seite. Auf der anderen Seite steht ein Mensch, dessen Bedürfnisse, Ressourcen und Möglichkeiten ebenso wichtig sind. Da ist also ein anderer Mensch, der Zeit mit mir verbringen möchte - oder auch nicht. Und das spielt natürlich auch sehr stark in meine Entscheidung ein. Es ist also auch hier wieder die Frage, was wollen wir miteinander teilen? Wie lässt sich das verwirklichen?

Grundsätzlich gilt also auch hier wieder, dass ein sehr hohes Maß an Kommunikation sehr wichtig ist. Sowohl, was generelle Bedürfnisse angeht ("Ich möchte Zeit mit dir verbringen"), als auch was konkrete Pläne angeht.
Ich reagiere empfindlich darauf, wenn man mich einplant, ohne mich zu fragen, besonders, wenn man dann nicht einfach annimmt, wenn ich nein sage.
Noch viel empfindlicher reagiere ich aber, wenn man meint, sich um meine Zeit streiten oder sogar darum kämpfen zu müssen. Ob nun direkt oder indirekt, über mich oder ohne mich. Eigentlich alles, was irgendwie meine Selbstbestimmung und Autonomie einschränkt, behindert, angreift.
Es ist allein meine Entscheidung, wie ich meine Zeit verbringe. Das schließt ein, was ich mache, mit wem und wann. Mich zu respektieren bedeutet auch, meine Entscheidungen diesbezüglich anzunehmen.
Es ist möglich, dass das nicht passt. Dass jemand mehr braucht, als ich geben möchte. Aber auch hier ist consent notwendig. Und so wie ich nicht erwarten würde, dass jemand mehr Zeit mit mir verbringt, als er gern würde, verlange ich das auch von den Menschen in meinem Umfeld. Es ist vollkommen okay, wenn das nicht passt - aber dann ist es verantwortungsvoll darüber zu sprechen und, wenn das nicht das gewünschte Ziel bringt, selbstverantwortlich genug zu sein, um zu entscheiden, dass es nicht passt und sich auch entsprechend zu verhalten. Ohne Vorwürfe, Angriffe oder böses Blut.

Es gibt außerdem Menschen, mit denen ich meinen Kalender teile. Das passiert aber nur unter der Voraussetzung, dass es weiterhin meine Zeit ist und diese nicht vom anderen verplant wird. Es dient v.a. dazu, dass diese Menschen sehen können, wo ich bin, und es leichter wird, Dinge zu planen. Gemeinsam.
Sobald ich merke, dass Ansprüche auftauchen, Erwartungen, meine Zeit verplant wird oder ähnliches, entfällt dieses Privileg und ich ziehe es zurück. Ich teile meinen Kalender gerne und freiwillig, aber eben nur, wenn weiterhin klar ist, dass es eben nur das ist: Die Möglichkeit, zu sehen, was ich geplant habe. Nichts weiter.

Es ist also festzuhalten, dass Zeitmanagement nicht einfach ist und an sehr vielen Komponenten hängt, es für mich aber essentiell ist, dass meine Zeit auch meine eigene bleibt und ich vollkommen selbstbestimmt bin.
Für mich bedeutet das aber auch, dass, wenn ich einen Termin gemacht habe, ich ihn einhalte, sofern ich das kann. Heißt, ich sage nur ab, wenn ich psychisch oder physisch nicht in der Lage bin, ihn wahrzunehmen. Mit einem Termin gehe ich ein commitment ein, das ich einhalte, solange ich dabei nicht selbst zu Schaden komme oder es wirkliche Notfälle gibt, die dagegen sprechen.
Am Ende läuft auch hier einfach alles wieder auf Freiwilligkeit hinaus, auf beiden Seiten.

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